Das hessische Finanzministerium will künftig offenbar einen hohen zweistelligen Millionenbetrag im Jahr von der Stadt Frankfurt als Kompensation für deren Steuerstärke kassieren. Die Rede ist von bis zu 80 Millionen Euro. Grund für die Forderung sind die hohen Zahlungen Hessens in den Länderfinanzausgleich. In dessen Berechnung gehen nicht nur die gesamten Steuereinnahmen eines Bundeslands ein, sondern zu 64 Prozent auch die Steuerkraft der Kommunen in den einzelnen Ländern. Weil Frankfurt durch seine hohen Einnahmen die finanzielle Stärke des Landes überdurchschnittlich erhöht, soll die Stadt jetzt zu Ausgleichszahlungen herangezogen werden. Top bei den Gewerbesteuern „Da sehen wir in der Tat Änderungsbedarf“, bestätigte ein Ministeriumssprecher auf Anfrage. „Das Land wird wegen der starken Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen über die Gebühr belastet.“ Grundlage der neuen Forderung ist eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag der neuen CDU/FDP-Landesregierung. Im Kapitel „Haushalt und Finanzen“ heißt es: „Wir werden die aus den Gewerbesteuereinnahmen der Kommunen enthaltenen Nettozahlungsverpflichtungen des Landes im Länderfinanzausgleich mit den einzelnen Kommunen spitz abrechnen.“ Frankfurt nimmt mit Abstand die meisten Gewerbesteuern in Hessen ein. 2007 verzeichnete die Stadt 1,63 Milliarden Euro brutto, im Jahr 2008 waren es 1,64 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Laut Statistischem Landesamt kassierten alle 426 hessischen Kommunen zusammen 2007 rund 4,24 Milliarden Euro brutto aus der Gewerbesteuer – knapp 40 Prozent stammten somit aus Frankfurt. Der Länderfinanzausgleich dient dazu, die Einkommensunterschiede zwischen den Bundesländern zu verringern: Arme Länder (Nehmerländer) erhalten Ausgleichszuweisungen, die von den reichen Ländern (Geberländern) aufgebracht werden müssen. Hessen entrichtet den Spitzensatz pro Einwohner aller Bundesländer. Laut hessischem Finanzministerium zahlte das Land 2007 mehr als drei Milliarden Euro in das föderale Ausgleichssystem, während die meisten anderen Bundesländer Geld aus diesem Topf bekamen. Frankfurt gilt als zu reich Um zu bestimmen, welches Land wie viel Geld bekommt und welches Land wie viel zahlen muss, werden in einem komplizierten Verfahren jeweils die gesamten Steuereinnahmen eines Landes sowie 64 Prozent der Steuerkraft seiner Kommunen addiert, um die Finanzkraft zu ermitteln. Nach den Angaben des Statistischen Landesamts nahm das Land Hessen 2007 etwa 17,1 Milliarden Euro an Steuern ein; um die Finanzkraft zu ermitteln, müssen außerdem rund 4,5 Milliarden Euro an Steuereinnahmen der Gemeinden addiert werden – ebenjene 64 Prozent der etwa 7,1 Milliarden Euro Gesamt-Steuereinnahmen der hessischen Kommunen. Damit macht die Steuerkraft der hiesigen Städte und Gemeinden derzeit annähernd 25 Prozent jener Summe aus, die der Berechnung der hessischen Finanzkraft für den Länderfinanzausgleich zugrunde liegt. Mit der neuen Regelung würde Frankfurt ein weiteres Mal zur Kasse gebeten. Schon jetzt zahlt die Stadt eine sehr hohe Gewerbesteuerumlage, die an den Bund, zum größeren Teil aber an das Land fließt. Allein für die vergangenen beiden Jahre war dies laut Kämmerei Frankfurt ein Betrag von knapp 500 Millionen Euro oder etwa 15 Prozent der städtischen Gewerbesteuereinnahmen. Rund 80 Prozent davon, das sind fast 400 Millionen Euro in zwei Jahren, seien an das Land geflossen. Hinzu kommt, dass Frankfurt als zu reich gilt, um aus dem Kommunalen Finanzausgleich für die hessischen Gemeinden bedacht zu werden. Nur ein Pflichtteil entfällt auf die größte hessische Stadt. Eine Sprecherin der Kämmerei sagte auf Anfrage: „Wir sehen das sehr kritisch.“ Der Passus im Koalitionsvertrag, der allerdings noch nicht eindeutig definiert worden sei, sei „nicht im Sinne der Stadt“. In Gesprächen mit dem Finanzministerium werde Kämmerer Uwe Becker (CDU) deutlich machen, dass die Regelung nur dann akzeptabel wäre, wenn zugleich der Kommunale Finanzausgleich zugunsten Frankfurts verändert würde. Auch der Sprecher des Finanzministeriums kündigte Gespräche an, ohne die zur Rede stehende Ausgleichssumme zu bestätigen. Es sei aber „klar, dass Frankfurt nicht überbelastet werden darf“.